„Aula“-Prozess in Graz: Relativierung von NS-Verbrechen und rechtsextreme Verteidigungsstrategien
Am Grazer Straflandesgericht läuft seit September der Prozess gegen den früheren Aula-Chefredakteur und FPÖ-Politiker Martin Pfeiffer. Wie Der Standard berichtet, ging es in der zweiten Woche um hunderte inkriminierte Texte: Rezensionen und Artikel, die NS-Kriegsverbrecher wie Reinhard Heydrich positiv beschrieben, das Massaker von Lidice verharmlosten oder das Bild der „nordischen Rasse“ propagierten. Gutachter sprachen von systematischer Relativierung und sogar Verherrlichung, die als Handlungsanleitungen für heutige Rechtsextreme gelesen werden könnten. Auch Bücher, die die Opferzahlen von Holocaust-Verbrechen relativieren oder die Wehrmacht „freisprechen“, wurden in der Aula unkritisch beworben. Zentral ist zudem die wiederholte Forderung nach Abschaffung des österreichischen Verbotsgesetzes, das NS-Wiederbetätigung unter Strafe stellt.
Parallel versuchen Verteidigerkreise, den Prozess öffentlich zu delegitimieren. Laut Stoppt die Rechten relativierte etwa der Anwalt Thomas Tomanek in einem Interview beim rechtsextremen Sender AUF1 die Bedeutung des Verfahrens und stellte die Rechtsgrundlage infrage – ein Muster, das Beobachter als gefährliche Normalisierung revisionistischer Positionen sehen. Kritiker*innen betonen, dass es hier nicht um Meinungsfreiheit, sondern um klare Grenzen gegenüber NS-Verherrlichung geht. Der Prozess sollte nach zwei Wochen zu Ende sein, wird jedoch unter anderem durch eine Erweiterung der Anklage am Beginn des Prozesses, im November und Dezember fortgesetzt.
Forscher warnt: „Keine freien Medien mehr“ durch Plattform-Monopole
Wie Der Standard berichtete, warnt der Kölner Kommunikationswissenschafter Martin Andree in seinem neuen Buch Krieg der Medien vor der Dominanz globaler Tech-Plattformen. Dienste wie Social Media, Messenger oder Cloud-Anbieter seien zu Monopolen geworden, die faktisch bestimmen, welche Inhalte Reichweite erhalten. Damit sei die Freiheit unabhängiger Medien „sehr stark eingeschränkt“. Andree spricht von einem „letzten Kipppunkt“: Wenn Europa nicht binnen weniger Jahre die Privilegien der Konzerne abschafft, könnten „Dark Tech und Populisten“ die Öffentlichkeit übernehmen. Er fordert ein europäisch koordiniertes Medienrecht, um journalistische Mindeststandards wieder durchsetzen zu können. Sonst drohe eine von Algorithmen getriebene Polarisierung, die demokratische Diskurse zerstört.






