Stellungnahme zum Audiovisuelle-Mediendienste-Gesetz

An das
Bundeskanzleramt, Verfassungsdienst
zH. Herrn Dr. Michael Kogler
Ballhausplatz 2
1010 Wien

Wien/Linz, am 16. Oktober 2020

Betr: Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz (“AMDG”), das KommAustria-Gesetz, das ORF-Gesetz und das Privatradiogesetz geändert werden, Gz 2020-0.483.015

Sehr geehrte Damen und Herren!

Cultural Broadcasting Archive Verein für digitale Kommunikation betreibt gemeinsam mit der Freier Rundfunk Oö GmbH und bis vor kurzem mit dem Verband Freier Rundfunk Österreich das Cultural Broadcasting Archive (“CBA”, https://cba.media), letzterer greift über eine Schnittstelle auf die Daten des CBA zu und spielt sie über ein eigenes front-end, https://freie-radios.online aus. Die Plattform wurde bereits im Jahr 2000 gelauncht, inzwischen sind darauf über 120.000 Radiosendungen/Podcasts, Videocasts, Fotos und Dokumente online verfügbar. Das CBA ist nicht gewinnorientiert / gemeinnützig und frei von argumentierender Werbung.

Mit dem AMD-G sollen nunmehr Video-Sharing-Plattformen reguliert werden und diese weitgehenden Content-Regulierungsmaßnahmen unterworfen werden, die mit erheblichem Aufwand verbunden sind. Wie schon in unserer Stellungnahme zum KommunikationsplattformenG ausgeführt, auf die wir inhaltlich verweisen, verursachenschon die dafür erforderlichen organisatorischen Maßnahmen wie ein Meldesystem eine finanzielle Mehrbelastung von 50.000 – 100.000 EUR dar. Mit dem AMD-G kommen jedoch noch technische Maßnahmen zur Bewertung und Meldung von Beiträgen (§54e AMD-G) einschließlich der Einführung einer Alterskontrolle und damit verbundener Personalisierung, deren Einrichtung Kosten iHv geschätzten EUR 100.000 und deren Betrieb weitere Kosten iHv 30.000 – 50.000 pro Jahr verursachen würden. Damit verbunden ist eine Strafdrohung von EUR 150.000.

Das CBA hat in den 20 Jahren die es in Betrieb ist keinerlei Anlass gesetzt für eine Beanstandung des upgeloadeten Inhalts. Bislang waren daher die Bestimmungen des ECG völlig ausreichend. Anders als im Entwurf zum KoPl-G findet sich im AMD-G keine Ausnahme für nichtgewinnorientierte Online-Enzyklopädien, obwohl auch hier gilt, dass viele Anbieter wie das CBA „bislang nicht in einer erheblichen Form zur Verbreitung strafrechtswidriger Inhalte zweckentfremdet [wurden] und bestehen derzeit auch keine Anhaltspunkte, dass in dieser Hinsicht Handlungsbedarf bestünde, der die Auferlegung der in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Organisationspflichten für diese Diensteanbieter rechtfertigen würde.“

Diese zusätzlichen Belastungen würden den Betrieb und damit Meinungsfreiheit und Medienvielfalt gefährden, deren höchster Garant und deren Sicherheit der Staat zu gewährleisten hat.1 Im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden „Gerichtshof“) kann die nach dem Vertrag garantierte Dienstleistungsfreiheit aus zwingenden
Gründen des öffentlichen Interesses eingeschränkt werden — beispielsweise um ein hohes Maß an Verbraucherschutz zu erreichen —, sofern diese Einschränkungen gerechtfertigt, verhältnismäßig und notwendig sind. Der Gerichtshof betont in seiner ständigen Rechtsprechung, dass Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit, ebenso wie alle Ausnahmen von einem Grundsatz des Vertrags restriktiv auszulegen sind.

Wie oben ausgeführt, ist die gegenständlichen einschränkenden Maßnahmen für Anbieter wir das CBA weder verhältnismäßig noch notwendig. Die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste sieht in Art 28b, Abs 3 vor: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle ihrer Rechtshoheit unterworfenen Video-Sharing-Plattform-Anbieter solche Maßnahmen anwenden. Diese Maßnahmen müssen durchführbar und verhältnismäßig sein und der Größe des Video-Sharing-Plattform-Dienstes und der Art des angebotenen Dienstes Rechnung tragen. Solche Maßnahmen dürfen weder zu Ex-ante-Kontrollmaßnahmen noch zur Filterung von Inhalten beim Hochladen, die nicht mit Artikel 15 der Richtlinie 2000/31/EG im Einklang stehen, führen.“

Die Novelle des AMD-G trägt aber im Hinblick auf die auferlegten Maßnahmen weder der Größe des Video-Sharing-Plattform-Dienstes, der Art des angebotenen Dienstes noch der  Verhältnismäßigkeit Rechnung und auferlegt sämtliche Maßnahmen pauschal für jeden Anbieter eines Video-Sharing-Plattform-Dienstes gleichermaßen, unabhängig davon, ob es bereits Vorfälle gab, ob es sich um einen nicht gewinnorientierten Anbieter oder einen kommerziellen und vielleicht auch hochprofitablen Anbieter handelt.

Um eine solche Differenzierung vorzunehmen schlagen wir deshalb folgende Bestimmung vor: „54e Abs 5: Nicht profit-orientierte Anbieter von Video-Sharing-Plattform-Diensten tragen dafür Sorge, dass ein der Größe des Video-Sharing-Plattform-Dienstes Rechnung tragendes Notice-Take-down System iSd des §16 ECG auf Inhalte iSd §54 d Abs 1 AMD-G Anwendung findet.“

Mit dem Ersuchen um Berücksichtigung unserer Stellungnahme verbleiben wir mit freundlichen Grüßen

Dr. Alexander Baratsits MAS, Obmann
Mag. Ingo Leindecker, Obmann Stv.

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