Stellungnahme zur Digitalmedienförderung

An das
Bundeskanzleramt, Verfassungsdienst
zH. Herrn Dr. Matthias Traimer
Ballhausplatz 2
1010 Wien

Wien/Linz, am 12. März 2021

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird, Gz 2020- 0.829.020

Sehr geehrte Damen und Herren!

Wir begrüßen den Plan der Regierung, Maßnahmen zur Erhaltung der Medienvielfalt und zur Förderung des Auf- und Ausbaus des digitalen Angebots in der Medienlandschaft zu setzen. Das ist auch die Aufgabe des Staates als oberster Garant von Meinungsfreiheit und Medienvielfalt (vgl Informationsverein Lentia 2000 vs Österreich, Case No 36/1992/381/455-459, A/276).

Nicht nachvollziehbar hingegen ist, warum ausschließlich Presseverlage und Rundfunkveranstalter, als förderwürdig erachtet werden sollen, Digital-only-Medien hingegen von der Förderung vollständig ausgeschlossen sein sollen. Die Konvergenz von Medienvertriebssystemen ist durch den mit der Covid-Pandemie einhergehenden Digitalisierungsschub deutlich beschleunigt worden und bewegt sich mit nunmehr erhöhtem Tempo auf einen Medienmarkt, auf dem Inhalte vornehmlich digital verbreitet werden, der Printmarkt unterliegt offenbar überhaupt einem Ablaufdatum, auch der lineare Rundfunk verzeichnet mit voranschreiten der Digital Natives abnehmende Nutzung.1

1. Beihilferecht

Die Europäische Kommission hielt in einem Schwedischen Beihilfeverfahren fest: „From a public interest perspective, in a smaller Member State the market, without state support, is unable to deliver the desired output which is deemed necessary in order to retain legitimate common objectives such as media pluralism, democratic debate and cultural diversity.“2 Dieser Umstand trifft auch auf Österreich zu, wie in den Erläuterungen ausgeführt wird, steht der österreichische Medienmarkt aufgrund des benachbarten, in gleicher Sprache bestehenden, deutschen Marktes besonders unter Druck.

Diese Ausgangslage besteht jedoch für sämtliche Medien, seien es Print, Rundfunk oder Digital-only-Medien. Ein Unterschied besteht jedoch darin, dass Print- und Rundfunkmedien über etablierte Medienmarken verfügen mit eingeführten Werbevertriebskanälen, und sie können über ihre bestehenden Vertriebskanäle ihre digitalen Kanäle bewerben. Ein Digital-only Medium hingegen muss von Null weg eine Marke, Publikum, Werbevertrieb etc etablieren. Das heißt die Markteintrittsschranken werden durch die geplante Fördermaßnahme für neue Digital-only-Medien weiter erhöht und die Chancen für am Markt bestehende erschwert. Dies vor dem Hintergrund, als mit dem AMD-G sowie dem KoPlG die Compliance-Kosten für österreichische Plattformen erhöht wurden.

Dies führt im Endeffekt dazu, dass es zusehends unmöglich wird, selbständige österreichische Medieninfrastrukturen zu etablieren, insbesondere die jüngeren Kohorten, die sich im traditionellen Medienangebot ohnedies immer weniger angesprochen sehen, werden immer weiter in die Arme US-amerikanischer Plattformen getrieben, sei es als Influencer:in, Podcaster:in, Prosumer:in und erst recht als Consumer:in.

Der beschleunigte Medienwandel verlangt nach einem Gesamtkonzept, das auf Basis einer wissenschaftlich fundierten Analyse gesamtheitlich ein Bündel von Maßnahmen setzt, das ein Mehr an Vielfalt, Unabhängigkeit sowohl technisch als auch finanziell von Big Tech sowie Chancengleichheit und publizistischen Wettbewerb sichert.

Verwiesen wird in diesem Zusammenhang auf die State Aid Entscheidungen der Europäischen Kommission, die zwar im Jahr 2015 eine nur auf Printmedien fokussierte Digitalisierungsförderung genehmigte, jedoch eine zeitliche Limitierung sowie die Erstellung eines Gesamtkonzeptes der Medienförderung einforderte mit dem Ziel einer Förderung, die nicht mehr nur auf Printmedien abstellt.3 Schweden ist dem auch nachgekommen und hat 2018 die Bewilligung einer neuen Medienförderung, basierend auf einem Gesamt-Assessment bei der Europäischen Kommission, notifiziert, die nunmehr auch Digital-only-Medien zugänglich ist und als Teil ein Innovation Aid Scheme vorsieht.

Die Europäische Kommission hielt in ihrer Entscheidung4 fest: “The Commission looks favourably upon the fact that Sweden has undertaken a fundamental review well in advance of the previously expected expiry of the press aid scheme, and that this review, as the previous one, aims to broaden the aid to other platforms than printed ones, thereby significantly modernising its media aid system. The Commission also takes note of the fact that there at this time is no political will to support a substantial overhaul of the media aid system, as recommended by the Media Inquiry in April 2016. The Commission encourages Sweden to aim for further modernisation of its media aid scheme in view of adapting to the technological developments in such a way as to treat all platforms equally as long as they serve the purpose of the aid scheme, which is to promote quality news production and stimulate democratic debate.

Es ist davon auszugehen, dass die Europäische Kommission angesichts der verschärften Konvergenz 2021 erst recht eine Gleichbehandlung aller Plattformen verlangen wird und für Österreich nicht einen Standard anlegen wird, der vielleicht für 2016 angemessen erschien, der aufgrund der Untätigkeit der österreichischen Regierungen nicht zur Anwendung kam.

Die geplanten Förderungen des KOG werden nicht nur Medienunternehmen zugutekommen, die sich noch im digitalen Wandel befinden, sondern auch Printmedien, die bereits über ein ausgereiftes digitales Geschäftsmodell verfügen. Das ergibt sich bereits daraus, dass § 33 Abs 5 KOG nF die Höhe der Basisförderung von den „Umsätzen im Digitalbereich“ abhängig macht. Auch deshalb ist durch die geplante Fördermaßnahme eine Wettbewerbsverzerrung und erhöhte Marktkonzentration zu erwarten, was dem Grundsatz der Pluralität der Medien iSd Art 11 GRC zuwiderläuft.

Eine gesamtheitliche Betrachtung ist auch deshalb angezeigt, weil neben diversen Presseförderungen Sonderpresseförderungen und Regierungsanzeigen nicht plattformunabhängig vergeben werden, was eine weitere beträchtliche Wettbewerbsverzerrung erwarten lässt.

2. Gleichheitssatz

Die öffentliche Hand steht auch bei privatrechtlicher Tätigkeit und gerade bei Subventionsvergaben unter weitgehenden Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes. Aus diesem Grund muss die Festlegung des Förderungszwecks und die nach dieser Zielsetzung erfolgte Eingrenzung des Berechtigtenkreises in den Förderungsrichtlinien dem Sachlichkeitsgebot entsprechen (vgl RIS-Justiz RS0038110).

Die geplanten Förderbestimmungen des KOG widersprechen dem Gleichheitssatz des Art 7 B-VG, weil sie ausschließlich die Förderung der Printmedien und des Rundfunks vorsehen. Die digitalen Medien wurden von den geplanten Förderungsmaßnahmen des KOG gänzlich ausgeschlossen. Eine Rechtfertigung dafür ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht erklärbar, wieso die rein digitalen Medienunternehmen gegenüber den Unternehmen, die in der Onlinebranche seit Jahren etabliert sind und deren Geschäftsfeld der Herausgabe von Printmedien nur eine untergeordnete Tätigkeit bildet, benachteiligt werden sollen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Förderungsziele neben der digitalen Transformation auch Maßnahmen umfassen, die der Förderung des Digital-Journalismus sowie des Jugendschutzes und der Barrierefreiheit dienen. Es ist unsachlich und damit gleichheitswidrig, dass rein digitale Medienunternehmen im Hinblick auf die zuletzt genannten Förderungsziele nicht als förderwürdig angesehen werden.

3. Kommunikationsfreiheit/Eigentumsschutz/Erwerbsausübungsfreiheit

Rechtsvorschriften, die sich auf den Wettbewerb auswirken, können das Grundrecht der Erwerbsausübungsfreiheit sowie das Eigentumsrecht verletzen. Das geplante Förderregime würde einen wettbewerbsrechtlichen Vorteil von Print- und Rundfunkmedien gegenüber von Digitalmedien bewirken und dadurch deren Recht auf die Erwerbsausübungsfreiheit sowie das Eigentumsrecht verletzen. Weiters gebietet das Grundrecht der Kommunikationsfreiheit bzw der Medienfreiheit staatliche Regulierungsmaßnahmen zur Sicherung des Pluralismus der Medien. Aus dem Grundrecht der Medienfreiheit ergibt sich weiters eine gewisse Schutzpflicht des Staates, zur Sicherung der Demokratie, für die Medienfreiheit sowie die Medienvielfalt zu sorgen. Nichts Anderes ergibt sich aus Art 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, wonach die Freiheit der Medien und ihre Pluralität geachtet werden sollen. Diesen Grundsätzen wird jedoch durch die geplante Förderungsmaßnahme nicht entsprochen. Vielmehr wird die Existenz von Digital-only Medien durch die ausschließliche Förderung von Printmedien und Rundfunk bedroht.

Wir ersuchen daher dringend, die geplante Maßnahme zu überdenken und zugunsten eines ganzheitlichen Ansatzes zu überarbeiten. Gerne stehen wir zu Gesprächen über die Art der einzufügenden Maßnahmen zur Verfügung.

Mit dem Ersuchen um Berücksichtigung unserer Stellungnahme verbleiben wir

mit freundlichen Grüßen

Dr. Alexander Baratsits MAS, Obmann
Mag. Ingo Leindecker, Obmann Stv.

1 So sagt etwa Ross Dawson für Österreich voraus, dass 2028 die letzte gedruckte Zeitung erscheinen wird https://rossdawson.com/frameworks/newspaper-extinction-timeline/. Für Deutschland 2030, ähnlich K. Meier, der für Deutschland das Jahr 2034 prognostiziert Meier Das Ende der Tageszeitungen 2012 online.

2 Vgl SA.43271 (2015/N), C (2016) 752 final, Rz 27.

3 Vgl SA.43271 (2015/N), C (2016) 752 final, Rz 4.

4 Vgl SA.49405 (2018/N), C (2018)7012 final, Rz 46.

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