Am 16. und 17. Jänner fand im Posthof ein Symposion mit dem Titel „Feministische Perspektiven. Standortbestimmungen und Zukunftsvisionen“ statt. Das Symposion wurde veranstaltet von FIFTITU% – Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur in OÖ und dem Posthof. Es versammelte aktuelle Positionen, die eine Vielfalt feministischen Denkens sichtbar machen und anregen, die Grenzen des eigenen Denkens zu überschreiten. In der heutigen Ausgabe von Kultur- und Bildung Spezial hören wir einen Mitschnitt vom zweiten Tag des Symposions „Feministische Perspektiven. Standortbestimmungen und Zukunftsvisionen“. Am 17. Jänner gab es vier Impulsreferate von vier Referent_innen: Person Perry Baumgartinger, Cornelia Travnicek, Seyran Ateş und Rúbia Salgado. Moderiert hat Beate Hausbichler.
Person Perry Baumgartinger hielt ein Referat mit dem Titel: Sprache. Macht. Diskriminierung. Widerstand.
Sprache hat mit Wissen und Macht zu tun, sie spiegelt Realitäten und festigt sie gleichzeitig – sprachliches Handeln stützt eine diskriminierende Weltordnung. Kommunizieren bedeutet aber auch Widerstand. Denn Sprache ist ständig im Wandel und das kann genutzt werden. Eine wichtige Auseinandersetzung feministischer Bewegungen und Theorien war die Auseinandersetzung mit sexistischer Sprache. Doch ändern sprachliche Widerstandsstrategien (wirklich) gesellschaftliche Unterdrückungsstrukturen? Welche Sprache wird Geschlecht gerecht? Welche Normen werden mit queer-feministischen Sprachalternativen wieder eingeschrieben?
Cornelia Travnicek mit ihrem Referat: Beengte Welten: Korsett Feminismus. Über die jüngsten Probleme mit dem alten Konzept von Emanzipation.
Wir sind überall gleichzeitig und nirgendwo wirklich. Wir haben gewonnen und sehen einander täglich beim Verlieren zu. Alles ist so einfach und gestaltet sich unglaublich kompliziert. Und immer wieder Alice Schwarzer. Vom neuen Puritanismus in der Frauenbewegung, von blinden Flecken und offenen Widersprüchlichkeiten.
Seyran Ateş lieferte einen Beitrag zur kontroversen Kopftuch-Debatte im deutschsprachigen Raum.
„Denke ich an Feminismus, dann denke ich an Gleichberechtigung der Geschlechter, Rechte und Pflichten auf Augenhöhe, Bildung und Wahlrecht für Frauen, Partizipation in allen Bereichen der Gesellschaft, Politik, Arbeit. Sprich, ich denke an den Sturz des internationalen Patriarchats. Was aber hören und sehen wir, nicht nur in der islamischen Welt, wenn das das Wort Feminismus fällt? Verunglimpfung und Gewalt! Während eine unglaublich starke Gruppe von Frauen für mehr Rechte, Teilhabe und Geschlechtergerechtigkeit kämpfen, „verhüllen“ sich die anderen und reihen sich ein in den Kampf gegen Frauen, die den öffentlichen Ort für sich beanspruchen.
Rúbia Salgado mit ihrem Referat: Über das Verhältnis zwischen dem Erlernen der hegemonialen Sprache Deutsch und einem westeuropäischen Impetus zur Befreiung vermeintlich nicht emanzipierter Migrantinnen
Dem Erlernen der hegemonialen Sprache Deutsch wird eine gesonderte Bedeutung hinsichtlich der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und der Gestaltung eines selbstbestimmten Lebens in Österreich zugemessen. Migrantinnen würden Deutschkenntnisse benötigen, um „nach Außen gehen zu können“ oder „draußen handlungsfähig zu sein“. Hinausgehen erscheint als das Verlassen eines imaginierten Inneren. Ein imaginiertes Inneres der Unselbstständigkeit. Das Außen ist der öffentliche Raum mit seinen Plätzen, Orten des Konsums und Institutionen, wie die Schule, das Krankenhaus, die Ärzt_inordination oder die kulturellen Einrichtungen: allen gemeinsam ist, dass sie eine bestimmte Fähigkeit zur selbstständigen Handlung innerhalb ihrer Grenzen voraussetzen. Diese Fähigkeit zur selbstständigen Handlung innerhalb dieses hegemonialen Außens wird den lernenden Migrant_innen oft abgesprochen, vor allem weil sie die hegemoniale Sprache nicht oder nicht ausreichend beherrschen würden.
„Feministische Perspektiven. Standortbestimmungen und Zukunftsvisionen“ – eine Kooperation von Posthof und FIFTITU% – Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur in OÖ in Zusammenarbeit mit der Arbeiterkammer OÖ – Abteilung Kultur und mit Unterstützung vom Frauenbüro Linz.
Musik (CC):
Nikila – Mirus
ARTCRIME aka CIRCO INVERSO – Mistery Train – Song of the Dead
Wasaru – (dry caller water)
Wasaru – Cemetary Flowers
Redaktion: Jerneja Zavec