Jenseits des Osterhasen wäre noch Platz für ganz normale Hasen, wenn die in unserer seltsamen Kultur nicht immer nur als Jagdbeute gesehen würden. Vom Kulturimport Playboybunny einmal abgesehen, ist etwa das notpuderige Erlegen der Schihaserln durchaus wesensverwandt mit der blutrünstigen Mühlviertler Hasenjagd. Was jedoch passiert mit derartigen nur allzu gewohnten Weltbildern, wenn die Hasen einmal tatsächlich den Platz (und die Rolle) der Menschen einnehmen? Dazu können wir beispielsweise den Kurzfilm “Poilus” von ISART DIGITAL auf uns wirken lassen, in dem menschengestaltig animierte Hasen die französischen Soldaten des 1. Weltkriegs verkörpern – und dadurch die Grausamkeit des Gemetzels erst recht entlarven. Menschen als Schlachtvieh oder Hasen wie wir?
In anderen Kulturen wird der Hase als Sonnenschöpfer (First Nations), Spender des Lebenstranks (Japan) oder Begleiter von Gottheiten und zauberkundigen Frauen (keltisch) wahrgenommen. Bei uns in Folge der Christianisierung als ein Hexentier und Symbol entfesselter Geilheit… Darob ließ sogar ein gewisser Papst Zacharias im Jahr 751 den Verzehr von Hasenfleisch verbieten, weil er dies als sitten- und moralgefährdend einstufte. Ein “unreines” Tier also. Jössasna! Und wie war das mit dem Osterhasen? Achso, ein Überbleibsel der Zwangsbekehrung wie auch die Flurnamen keltischer Kultplätze, auf welche die Religion des Friedens dann ihre Wallfahrtskirchen und Maria Dingsbumse gewaltreich obenaufpfropfte. Wir leben in einer Kultur des Eroberns und Beherrschens, ganz nach dem Motto Töte oder stirb. Was für eine Errungenschaft! Je gläubiger, desto wahnsinnig. Und wahrscheinlich ist ein Grund für die hintergründige Kraft des skandinavischen Kunstschaffens die nie ganz flächendeckende Christianisierung in den Herzen und Hirnen der dort Lebenden.
Doch zurück zum Hasen an sich. Wie das alles anfing, dass wir zwei zueinander erstmalig Hase sagten, wie wir dieses Wort dann in immer neuen Verbindungen wie Hasenhund, Hasensalat oder Hasenschwall steigerten, sogar bis zu dem inzwischen legendären “Wir sind die Hasen!” Und wie sich daraus fast unbemerkt die Vorstellung entwickelte, in unserem Menschsein einige wesentliche Eigenarten dieses weithin unterschätzten Naturgefährten zu entdecken – und zu erforschen. Vom Wesen des Hasen inspiriert zu einem friedvolleren und gewaltfreieren Menschendasein – auf einer Welt voller Verbrecher und folgsamer Idioten. Da ist es wohl kein Zeitzufall, dass der Hase Ferdinand im wirklich ausgezeichneten Kurzfilm “Poilus” inmitten der Schlachtfelder des 1. Weltkriegs ausgerechnet jenes Thema von Beethovens “Ode an die Freude” spielt, das auch als Hymne des geeinten Europa bekannt ist. Darüber hinaus bietet das Künstlerkollektiv Institut Hasenbart Wissenswertes zum Selbstinterpretieren. Betrachten wir nun die Welt aus der Perspektive des Hasen!
PS. „Die Geschichte vom wilden Jäger“ (Struwwelpeter-Episode) sowie „Eine Schrift aus lauter Hasen“ gibts anbei als PDF zum Download. Viel Vergnügen!