Buchpräsentation und Diskussion mit Oliver Rathkolb, Kommentar von Lucile Dreidemy.
Achtzig Jahre Kriegsende, siebzig Jahre Staatsvertrag, dreißig Jahre EU-Mitgliedschaft: Oliver Rathkolbs »Standardwerk zur Geschichte Österreichs« (Die Zeit) erscheint in einer aktualisierten Fassung – mit neuen Kapiteln zu Korruption, der Wahl von Van der Bellen zum Bundespräsidenten, dem Aufstieg und Fall von Sebastian Kurz sowie der Ibiza-Affäre und der Rückkehr der FPÖ. Vom »Bollwerk des Deutschtums im Osten« über die »Brücke zwischen den Blöcken« zur »Insel der Seligen« und zum EU-Mitglied – und vielleicht auch zum “Sprengmeister” der EU: Die Bilder, in denen sich Österreich in den vergangenen Jahrzehnten spiegelte, haben sich inzwischen rasant gewandelt. Geblieben ist die merkwürdige Gleichzeitigkeit von Größenwahn und Minderwertigkeitskomplex sowie inzwischen immer mehr geprägt von xenophobem Austro-Nationalismus und regionalen Identitätsclustern.
Geblieben sind auch die Paradoxien: ein neutrales Land, dessen Westbindung außer Frage steht; ein Land, das sich demokratisch nennt, in dem wesentliche Entscheidungen aber nach wie vor außerhalb des Parlaments getroffen werden, und vielleicht bald noch mehr in Volksbefragungen entschieden werden. Ein Land, das nicht wahrhaben will, dass es längst von der Turboglobalisierung geprägt wird und eigentlich nur im europäischen Verbund bestehen kann und nicht als neue “Alpenfestung”.
Eine Veranstaltung des Instituts für historische Sozialforschung .
Aufgezeichnet am 12. Juni 2025 in der FAKTory.
Bearbeitet von Katharina Reisner


