„Bericht Peršmanhof“ vernichtet Amtshandlung

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„Bericht Peršmanhof“ vernichtet Amtshandlung

Am Sonntag, dem 27. Juli 2025, fand ein mehrstündiger Einsatz der Landespolizeidirektion Kärnten am Peršmanhof statt.“
So beginnt der „Bericht der Expertinnen- und Expertenkommission Peršmanhof“, Wien 2025, Medieninhaber, Verleger und Herausgeber: Bundesministerium für Inneres. (https://www.bmi.gv.at/Downloads/files/Bericht_Persmanhof_DE_Web.pdf)
Zitate daraus, sofern nicht anders angegeben.

Der Bericht der Kommission enthält durchaus einige Zusatzinformationen, aber wenig Neuigkeiten, die Aktion selbst betreffend; jeder halbwegs mitdenkende Konsument der Berichterstattung in Zeitungen und im TV war im Großen und Ganzen von Anfang an im Bilde. (Vgl. dazu auch: https://cba.media/732291)

Dennoch ist der „Bericht“ ein sehr bemerkenswertes Dokument. Er listet auf, was los ist, wenn ein ganz normaler „Einsatz wie jeder Einsatz“ – so damals der stellvertretende Leiter der Landespolizeidirektion Kärnten im TV – nachträglich von einer außenstehenden und unabhängigen „Expertinnen- und Expertenkommission“ überprüft wird; obendrein im Auftrag des Innenministeriums, also mit deutlich mehr Schlagkraft bei der Informationsbeschaffung und bei der Auskunftsfreudigkeit der Beteiligten, als üblicherweise etwa einem Anwalt von Betroffenen zur Verfügung steht. Von daher ist sehr erfrischend, wenn juristische Fachleute ihren Sachverstand mit professioneller Paragraphenreiterei nicht gegen mutmaßliche Delinquenten, sondern gegen amtshandelnde Figuren aus dem Behördenapparat einsetzen: Das sind die Betroffenen nicht gewohnt, darauf sind sie nicht vorbereitet und damit rechnen sie auch nicht; deswegen bleibt kein Stein auf dem anderen, eine sorgfältige Prüfung lässt die ganze Causa implodieren. Es stellt sich – nach ausnahmsweiser und unerwarteter – akkurater und umfassender Überprüfung ihres Agierens heraus, dass sich die verantwortlichen Amtsträger im Labyrinth derfür sie einschlägigen Paragraphen völlig verirrt, und nicht wieder herausgefunden haben.

*

Die Kommission zur Rechtslage

Das beginnt bei den ursprünglich als Vorwand gehandelten, darüber inzwischen legendären „Verwaltungsübertretungen“ nach ebenso legendären „Beschwerden aus der Bevölkerung“, samt dem zeitlichen Ablauf:

Zu diesen ‘Beschwerden aus der Bevölkerung’ gibt es keine Aktenvermerke oder eine sonstige Dokumentation, sondern nur die Aussage des stvLeitersLSE, dass die Beschwerde ihm privat gegenüber von einer Person geäußert worden sei, die er vom Sehen kenne, deren Name er aber nicht wisse. Bei der dafür zuständigen BH gab es keine Beschwerden. Die Zelte, die laut Aussage des stvLeitersLSE den Anlass der angeblichen Beschwerde boten, wurden am 24. und 25. Juli 2025 aufgestellt. Der polizeiliche Einsatz am 27. Juli 2025 wurde ab 25. Juli 2025 vorbereitet. Der stvLeiterLSE konnte sich nicht erinnern, wann die Beschwerde geäußert worden sei.“ („LSE“ steht fürLandesamt Staatsschutz und Extremismusbekämpfung“.)

Das geht weiter mit der nicht gegebenen „Zuständigkeit“ des stvLeitersLSE, der sich da offenbar in einem Akt der Selbstermächtigung betätigte:

Das LSE Kärnten (und damit auch der stvLeiterLSE) war für die Prüfung der genannten Verwaltungsübertretungen unzuständig. Daher wäre eine solche Beschwerde an die zuständige BH oder Polizeidienststelle weiterzuleiten gewesen. Stattdessen hatte der stvLeiterLSE einen Einsatz mit mehreren Polizistinnen und Polizisten, dem BH und dem Leiter BFA RD-Ktn initiiert und vor Ort den polizeilichen Einsatz geleitet. Der stvLeiterLSE beruft sich dafür auf seine Funktion als Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (gem § 5 Abs 2 Z 3 SPG als zur Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigter Angehöriger des rechtskundigen Dienstes der LPD Kärnten) und die Bestimmungen der Landesgesetze zur Mitwirkung an der Vollziehung der Ahndung von Verwaltungsübertretungen.“

Darauf erklärt die Kommission dem StvLeiterLSE, dass jede noch so schöne Ermächtigung „zur Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt“ auch ihre Grenzen hat:

§ 65 Abs 1 K-NSG und § 17 K-CPG ermächtigen und verpflichten zur Mitwirkung aber nicht alle Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, sondern nur die Organe des Wachkörpers Bundespolizei (§ 5 Abs 2 Z 1 SPG), zu denen der StvLeiterLSE nicht gehört. Insoweit war er nicht nur als Behördenvertreter der LPD Kärnten, sondern auch als Exekutivorgan sachlich unzuständig. § 14 K-LSiG ermächtigt dagegen zwar alle Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, doch tauchte der Vorwurf einer Übertretung dieses Gesetzes durch Anstandsverletzung erstmals bei der Vorbesprechung unmittelbar vor dem Einsatz auf, kann also nicht die Planung und Organisation des Einsatzes erklären.“

„Sachlich unzuständig“ bleibt aufrecht, denn eine ad-hoc nachgelieferte Konstruktion der „Anstandsverletzung“ kann die ursprüngliche Planung und Organisation nicht erklären. In einschlägiger Pedanterie geht es weiter:

In Anwesenheit des für die den Einsatz auslösenden Verwaltungsübertretungen zuständigen BH ist die Notwendigkeit der Präsenz eines weiteren rechtskundigen Organs einer dafür ohnehin unzuständigen Behörde nicht erklärbar. Der für das K-NSG und das K-CPG – und später auch die ins Treffen geführte Anstandsverletzung zuständige BH hatte aber nach dem Bericht des stvBH keine Anweisungen gegeben, sondern im Wesentlichen nur beobachtet. Auch das lässt die Verwaltungsübertretungen als eigentlichen Einsatzgrund mehr als zweifelhaft erscheinen.“

Kurz, das eigentlich in Sachen Verwaltungsübertretungen zuständige Organ war anwesend, hat aber nichts unternommen. Ebenso fragwürdig die Beiziehung der Fremdenpolizei, deren Zuständigkeiten schon wieder rechtlich begrenzt sind:

Auch die Beiziehung des Leiters BFA RD–Ktn ist mit dem Verdacht von Verwaltungsübertretungen nach dem K-NSG oder dem K-CPG schwer erklärbar. Vielmehr nährt der bloße Hinweis, dass es ohne die Nennung weiterer Details zur Kontrolle von Fremden kommen könnte, die Annahme, dass die angesprochenen Verwaltungsübertretungen vorgeschoben worden sein könnten, zumal dem BFA eine Zuständigkeit nur bei der Vollziehung des 7. Hauptstücks („Abschiebung und Duldung“), des 8. Hauptstücks („Aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei Drittstaatsangehörigen“) und des 11. Hauptstücks (Österreichische Dokumente für Fremde“) des FPG, insbesondere jedoch nicht hinsichtlich der im 5. Hauptstück des FPG verankerten Befugnisse der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes für Fremdenpolizei und Zurückweisung (etwa für Auskunftsverlangen, Identitätsfeststellungen, Betreten von Räumen und Festnahmen) zukommt.“

Die Kommission informiert zwischendurch auch über den Wissensstand des LSE, die Aktivitäten im Camp betreffend:

Der Einsatz am 27. Juli 2025 erfolgte unmittelbar im Anschluss an verschiedene Formen der Beobachtung des Antifa Camps durch Organe des LSE und vom LSE beauftragter Exekutivkräfte in den Tagen davor. Dabei handelte es sich unstrittig um Handlungen des LSE zum Verfassungsschutz.“ Dazu auch:
„Am 26. Juli 2025 um 8.20 Uhr wurde demselben Chefinspektor“ [des BPK-VK] „von einem Beamten des LSE telefonisch mitgeteilt, dass sich zwei Bedienstete des LSE im Bereich des Peršmanhofs aufhalten und versuchen würden, weitere Erkenntnisse über die CampTN zu erhalten. Seine Unterstützung sowie eines weiteren Kollegen sei derzeit nicht notwendig.“

Auf deutsch: Es waren ohnehin „Organe des LSE“ – also Spitzel des LSE oder V-Leute oder inoffizielle Mitarbeiter, wie man das auch nennen mag – am Peršmanhof vor Ort; beteiligt an „verschiedenen Formen der Beobachtung des Antifa Camps“, wobei „es sich unstrittig um Handlungen des LSE zum Verfassungsschutz handelte“. Was im Camp passiert, war dem LSE also hinlänglich bekannt, und diese Beobachtungen haben mithin keinen Grund für ein behördliches Einschreiten geliefert. Zusammengefasst:

Die Initiative des Einsatzes ging nachvollziehbar vom stvLeiterLSE aus. Alle anderen am Einsatz Beteiligten nahmen an diesem ohne Nachfragen teil. Das ist angesichts der fehlenden Zuständigkeit des LSE und auch des stvLeitersLSE als Exekutivorgan nicht selbstverständlich, denn insoweit stammten Anordnungen von einem unzuständigen Organ und hätten nicht befolgt werden müssen. Andererseits verkennt die Kommission nicht die den Sicherheitsbehörden immanente hierarchische Struktur und die damit in Zusammenhang stehende Befehlskette, die im Regelfall von den zu einem Einsatz befohlenen Exekutivorganen nicht hinterfragt wird. … abgesehen von der Frage, ob der stvLeiterLSE überhaupt ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes ist, hatte er an diesem Tag keinen Dienst. War er nicht im Dienst, stellt sich allerdings die Frage, warum er tätig wurde. Dazu finden sich nach aktuellem Stand keine Informationen in den Unterlagen.“

Unvorgreiflich der Beurteilung durch die unabhängigen Gerichte und zuständigen Verwaltungsbehörden war der Einsatz nach Auffassung der Kommission in mehrfacher Hinsicht unverhältnismäßig, rechtwidrig und zweifelhaft. … Soweit der Einsatz der Feststellung der Identität der CampTN aus Verfassungsschutzgründen (nach Ansicht der Kommission also seinem eigentlichen Zweck) diente, war er durch keine gesetzliche Eingriffsermächtigung gedeckt. Zu Verfassungsschutzzwecken waren daher alle eingreifenden Maßnahmen im Rahmen des Einsatzes (die Identitätsfeststellungen, das Betreten des Gebäudes des Peršmanhofs, die Festnahme und Durchsuchung von Personen und die Kontrolle von Autolenkern und mitfahrenden Personen) rechtswidrig.“

Zum Motiv des stvLeiterLSE äußert sich die Kommission wie folgt:

All das deutet darauf hin, dass das Ziel des Einsatzes die Erfassung der Identitätsdaten aller Beteiligten an dem Antifa Camp aus Verfassungsschutzgründen war. Diese Annahme wird auch dadurch gestützt, dass diese Identitätsdaten – nach Angaben der LeiterinLSE – an die DSN übermittelt wurden. Wie weit die Übermittlung und eine allfällige Weiterverarbeitung auf entsprechende rechtliche Grundlagen gestützt werden kann, wird von der DSN zu prüfen sein.“
(„DSN“ steht für „Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst“)

Und da wird die Kommission mE ihren eigenen Ergebnissen nicht gerecht. Denn:

Die Durchführung der Amtshandlung

Der stvLeiterLSE gab in seinem Bericht an, gleich zu Beginn der Amtshandlung sei klar gewesen, dass es sich ‘nicht um friedliche Antifaschisten’ gehandelt habe, sondern um Personen aus dem extremistischen Antifa-Bereich. Auch hätte er den Eindruck gehabt, dass die Personen auf ein etwaiges Einschreiten der Behörden vorbereitet gewesen seien. Es sei für ihn ganz offensichtlich gewesen, dass diese Personen von Anfang an versucht hätten, die Amtshandlung zu verhindern und für den Fall eines polizeilichen Einschreitens auf maximale Konfrontation aus gewesen wären. Das Einschreiten sei von mehreren Personen gefilmt, mit Interventionen von politischen und gesellschaftlichen Würdenträgern sei gedroht worden. In weiteren Berichten wurde angegeben, dass sich einige Personen den Polizistinnen und Polizisten von hinten angenähert hätten, ohne Einhalten der gebotenen Distanz; weiters hätten sie sich unmittelbar vor ihnen aufgestellt und die Reaktion der Beamtinnen und Beamten abgewartet. … Im weiteren Verlauf war der stvLeiterLSE offensichtlich der Meinung, dass er im Hinblick auf das Verhalten sowie auf die nicht vorhandene Kooperation der zu kontrollierenden Personen Verstärkung benötigen würde. … In weiterer Folge wurde mit den Identitätsfeststellungen gemäß § 34b VStG89 i. V. M. § 35 Abs 2 und 3 SPG90 begonnen. Während ein Teil der CampTN bereit war, an diesen mitzuwirken, geht aus den Polizeiberichten hervor, dass sich etwa 20 Personen ins Innere des Gebäudes begaben und in weiterer Folge vom ersten Stock aus den Fenstern blickten. Der Versuch, die Personen mit Hilfe des Rechtsanwalts zum Verlassen des Gebäudes und zur Mitwirkung an der Identitätsfeststellung zu bewegen, führte nicht zum Erfolg. Daraufhin beschloss der stvLeiterLSE, das Gebäude – gegen den ausdrücklichen Willen des Betreibers des Museums – gemeinsam mit dem Leiter BFA RD-Ktn sowie Bezirkskräften und den drei SIG-Beamten zu betreten. Als Rechtsgrundlage führte er in Berichten und wiederholt vor Ort § 36 Fremdenpolizeigesetz und somit die Durchführung von fremdenpolizeilichen Maßnahmen zur Feststellung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts von Fremden an. … Zeitgleich erging um 13.06 Uhr die Aufforderung des stvLeitersLSE an die anwesenden Exekutivkräfte, ihre Body Worn Cameras zu aktivieren. Der BH betrat das Museumsgebäude nicht und ordnete auch kein Betreten des Gebäudes an. … Nach den Polizeiberichten drohte die Amtshandlung beim Betreten des Gebäudes zu eskalieren. Aus den Aufzeichnungen der Body Worn Cameras ergibt sich, dass sich vor dem Eingang mehrere CampTN versammelten, die die Vorlage eines Hausdurchsuchungsbefehls forderten und die ebenfalls in das Museum eintreten wollten. Mit dem Bellen des Polizeihundes (wenn auch an der Leine und mit Beißkorb) wie auch mit den Schreien von CampTN wurde die Situation akustisch turbulent. Der anwesende Rechtsanwalt debattierte mit dem stvLeiterLSE die fehlende Rechtsgrundlage für das Betreten des Museumsgebäudes und kritisierte vor allem, dass ein Hund zum Einsatz komme. Schließlich wurde das Tier in das Dienstfahrzeug zurückgebracht. Der stvLeiterLSE bahnte sich den Weg in das Gebäude, forderte lautstark, dass die CampTN zurücktreten müssten, was nicht durch alle erfolgte, und dass Verstärkung ins Museumsgebäude komme. Nachdem noch weitere Beamte das Gebäude betreten hatten, wurde vom stvLeiterLSE die Eingangstür von innen zugedrückt. Dabei wurde die Schulter eines CampTN eingeklemmt. Infolge seiner Schreie wurde die Tür einen Spalt geöffnet, so dass sich der Betroffene aus dem Türbereich lösen konnte. Der stvLeiterLSE gab in seinem Bericht an, dass er durch den Widerstand eines CampTN (versuchtes Eindrücken der Tür) ebenfalls verletzt worden sei. Die Streife der PI Bad Eisenkappel/Železna Kapla rief die Rettung, welche um 14.15 Uhr eintraf. Der verletzte CampTN unterschrieb einen Revers und verblieb am Einsatzort. Der stvLeiterLSE nahm nach dem Einsatz ärztliche Hilfe im UKH Klagenfurt in Anspruch.“

Zwecks Dokumentation der vom stvLeiterLSE durch das gewaltsame Eindringen in das Gebäude betriebenen „maximalen Konfrontation“ ließ er die Body Worn Cameras aktivieren. Die Kommission kommt jedenfalls nicht zum Ergebnis, dass es die Camp-Teilnehmer gewesen wären, die eine „maximale (sic!) Konfrontation“ aufgrund ihrer „unfriedlichen“ Geisteshaltung provozieren wollten:

Aus dem gesamten Videomaterial ist nicht ersichtlich, dass CampTN irgendwelche Waffen oder waffenähnliche Gegenstände in die Hand genommen hätten. Ebenso wenig gab es Drohgebärden. Auffallend war, dass der stvLeiterLSE dennoch (sic!) immer wieder lautstark rief: ‘Polizei – Halten Sie Abstand!’ … Die Amtshandlungen am Peršmanhof selbst wurden durch die Organe des Wachkörpers Bundespolizei, soweit dies auf Grund der Aufnahmen aus den Body Worn Cameras ersichtlich ist, im Großen und Ganzen ruhig und besonnen geführt … Auch die kontrollierten CampTN verhielten sich weitgehend ruhig und bei den Identitätsfeststellungen überwiegend kooperativ. Die Diskussionen mit den Einsatzkräften verliefen nach den vorliegenden Videoaufnahmen wenngleich nachhaltig, so dennoch sachlich und unter Darlegung rechtlicher Aspekte. Lautstarke Äußerungen gab es nur im Zusammenhang mit einem Diensthund, der nach kurzer Anwesenheit in seiner Box im Dienstauto verwahrt wurde, und beim kurzen Tumult, der beim Betreten des Gebäudes durch die Einsatzkräfte entstanden war.“

Die Kommission deutet vielmehr an, dass die gefühlten Bedrohungen des stvLeiterLSE und einiger Einsatzkräfte mehr auf das von diesem verbreitete Bild eines unfriedlichen und unkooperativen, gewaltbereiten Antifa-Camps zurückzuführen sind:

Aufgrund verschiedener Aussagen und mitunter auch lautstarken Anweisungen scheint es, dass sich insbesondere der stvLeiterLSE als polizeilicher Einsatzleiter bedroht gefühlt hatte. Aus verschiedenen Aktenvermerken geht darüber hinaus hervor, dass sich mehrere Einsatzkräfte auf Grund fehlender Distanz der CampTN bedrängt gefühlt hatten. Diese Wahrnehmungen könnten in Zusammenhang mit dem vom stvLeiterLSE verfügten Handout stehen, in welchem der Begriff ‘Antifa’ mit ‘autonom-anarchistischen Bewegungen’ und deren Gewaltbereitschaft in Zusammenhang gebracht wurde.“

Die Kommission spielt also bei der in ähnlichen Fällen üblichen polizeilichen Definitionshoheit in Sachen „Bedrohung“, „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ und „Körperverletzung“ nicht mit. Zur psychischen Verfassung des stvLeiterLSE mit der gefühlten Bedrohung stellt die Kommission keine Vermutungen an, sie hält es jedoch für erwähnenswert, dass es sich bei der gegenständlichen Amtshandlung nicht um dessen ersten Kontakt mit dem Veranstalter des Camp handelt, nämlich dem „Klub slowenischer Studenten in Wien“:

Aus den der Kommission vorliegenden Unterlagen geht zudem hervor, dass der stvLeiterLSE bereits im Zuge einer Amtshandlung im Jahr 2015 in Wien Kontakt mit dem KSŠŠD hatte, der zu einer Anzeige nach der GewO 1994 geführt hatte.“

Die abschließenden Würdigung der Kommission fällt sowohl vernichtend als auch durchaus humorvoll aus:

Insgesamt übersteigen diese gehäuften Rechtswidrigkeiten bei weitem das Maß an Fehlern, die bei einem komplexeren Einsatz passieren können. Sie deuten vielmehr auf eine grobe Missachtung der rechtlichen Grenzen von polizeilichen Einsätzen hin.“

Das Aufmischen von ein paar Linken mit unerwünschter Gesinnung unter einigen fadenscheinigen Vorwänden augenzwinkernd als „komplexeren Einsatz“ zu interpretieren – das hat was …

Der Kärntner und der internationale Kontext

Nachdem es äußerst unwahrscheinlich erscheint, dass die leitenden Amtsträger quasi zufällig einem gemeinsamen mentalen Blackout an ein und demselben Wochenende zum Opfer gefallen sind, und angesichts der Vorbereitung spricht vieles für die Behauptung des stv. Polizeidirektor in der ZIB, wonach es sich um einen in Kärnten ortsüblichen, milieubedingten Einsatz gehandelt habe. Das Milieu hat sich auch sofort zu Wort gemeldet:

Kärntner Volkspartei kritisiert Peršmanhof-Kommission. Sensibilität darf nicht einseitig sein. … Extremismus gefährdet friedliches Zusammenleben. … Wer besondere Rücksicht für historische Stätten einfordert, muss sie auch selbst walten lassen und einen Konflikt nicht auch noch provozieren. Wäre vonseiten der Aktivisten dieselbe Umsicht gezeigt worden, die sie von Behörden und Polizei verlangen, wäre es weder zu einem Camp noch zu einer Amtshandlung gekommen. Sensibilität darf nicht einseitig sein.“
(https://ktnvp.at/2025/10/23/kaerntner-volkspartei-kritisiert-persmanhof-kommission/https://ktnvp.at/2025/10/23/kaerntner-volkspartei-kritisiert-persmanhof-kommission/)

So kann man das natürlich auch sehen. Ein Antifa-Camp – übrigens öffentlich kaum wahrnehmbar – gefährdet das friedliche Zusammenleben, und wenn das Camp umsichtigerweise nicht abgehalten worden wäre, hätte die Behörde gar keine fragwürdige Amtshandlung setzen können! Ähnlich die FPÖ:

Der Polizeieinsatz am Peršmanhof war weder gegen die slowenische Volksgruppe noch gegen die Gedenkstätte am Peršmanhof gerichtet. Es war ein Einsatz gegen das Camp der linksextremen Antifa, an dem auch slowenische Studenten vor allem aus Wien teilgenommen haben – das sind laut Medienberichten auch jene linksextremen Provokateure, die dann am 10. Oktober die Abschaffung des Kärntner Landesfeiertages gefordert haben. Das war ein bewusster Anschlag auf die Traditionen und Werte unserer Heimat. … Für uns Freiheitliche ist es eine Selbstverständlichkeit, Rechtsstaat, unsere demokratischen Grundwerte und damit unsere Polizei zu respektieren und zu verteidigen!“ (https://www.fpoe-ktn.at/reader-news/fpoe-ofner-zu-persmanhof-pk-einzig-notwendige-entschuldigung-waere-jene-gegenueber-der-polizei)

Dass in einem Rechtsstaat, solange es ihn (noch?) gibt, auch für das Handeln der Exekutive rechtliche Grenzen gelten, sogar im Umgang mit der „linksextremen Antifa“, das ist diesem Milieu offenbar schwer vermittelbar. Insofern stellt sich erst recht die Frage, warum die Causa dann doch nicht ortsüblich abgewickelt werden konnte, wo die rechtskundigen Beamten eh’ alles richtig gemacht hätten, wie vom stv. Polizeidirektor in seinem legendären TV-Interview behauptet. Auch auf diese Frage antwortet die Kommission: Ihr Bericht beginnt mit dem „Kontext“ der Angelegenheit und da besonders mit der „Außenpolitischen Dimension“. Der Schlüsselsatz lautet:

Als Nachbarstaat und Staat mit etlichen gemeinsamen Interessen (hohe Übereinstimmung der Interessen zB innerhalb der EU, aber auch in anderen multilateralen Foren wie VN und OSZE) ist ein gutes Einvernehmen zu Slowenien für eine schlagkräftige Außen- und Europapolitik von größter Wichtigkeit. Der Einsatz am Peršmanhof löste unmittelbar danach äußerst kritische Reaktionen seitens der slowenischen Politik aus und führte zu einem beachtlichen medialen Echo.“

Es gab also in Wien kein Verständnis für die tolldreisten Streiche der Kärntner LPD, wegen deren Leistung, der slowenischen Regierung einen – wieder: aus Wiener Sicht – völlig überflüssigen Beschwerde- und Einspruchstitel zu liefern, angesichts der vielfältigen Gelegenheiten für Slowenien gerade im Rahmen der EU, sich unangenehm bemerkbar zu machen. Zum einschlägigen, im Bericht gewürdigten „Kontext“ gehören bekanntlich auch der österreichische Staatsvertrag und damit die Rechte der slowenischen Bevölkerungsgruppe. So kam es, dass eine – für Kärntner Verhältnisse – ganz normale Amtshandlung einer juristischen Überprüfung unterzogen wurde, von einer unabhängigen Kommission und von außerhalb. Damit ist der Einsatz zur Kenntlichkeit entstellt, es braucht nicht einmal einen Beschluss, die Kärntner LPD der Öffentlichkeit und Slowenien als Bauernopfer zu präsentieren – eine rein juristisch-bornierte Überprüfung genügt völlig.

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